Geschichte des Berberpferdes

Das Berberpferd steht als eine der ältesten Pferderassen der Welt im Dienste des Menschen. Ihre Heimat haben diese außergewöhnlichen Pferde in Nordafrika, im Maghreb, einem Landstrich, der das Königreich Marokko und die Länder Algerien und Tunesien bezeichnet.

 

Die Numider, kriegerische Nomaden der Berber (um ~400 v.Chr. bis ~10 n. Chr.) züchteten in der Antike wendige Kavalleriepferde, mit denen sie zu größtem Ruhm gelangten. Sie waren als hervorragende leichte Kavallerie bekannt, die sehr schnell und beweglich war, vor allem weil die Reiter außer einem Schild keine Rüstung trugen und ihre treuen Pferde ohne Sattel und Zaumzeug ritten. Später verbündeten sie sich mit dem römischen Heer, so dass das Blut ihrer Pferde in alle regionalen Zuchten rund um das Mittelmeer einfloss. Um 700 nach Chr. breitete sich der Islam weitgehend friedlich auf Kamelen und Pferden nach Westen bis in den Maghreb zu den Berbervölkern aus. Die Fortsetzung der Islamisierung nach Norden erfolgte von dort aus mit einer Kavallerie auf Berberpferden. 711 nach Chr. landete der Berberfürst Tariq ibn Ziyad mit seinen rund 8.000 Reitern in Spanien, an der Meerenge von Gibraltar an (Gibraltar= Djebel-al-Tarik, Berg des Tarik). 712 n.Chr. folgte ihm der Emir Moussa ben Nuçair über Algeciras mit 15.000 Pferden. So wurde die spanische Halbinsel bis zu den Pyrenäen weitgehend besetzt. Ebenso wurde Sizilien, Korsika und Süditalien von Eroberern aus der Region des heutigen Tunesiens besetzt (840 n. Chr.).

 

plunivel & guérinière

Als das Schießpulver sich bis in die Kriegsführung Europas verbreitet hatte, war der Nahkampf hoch zu Ross mit Lanze, Schwert und Axt nicht mehr zeitgemäß. Doch die Reitkunst der Ritter und die große Wertschätzung der Berberpferde lebten fort und vervollkommneten sich in der höfischen Reitkunst, der Kunst um der Kunst willen (l’art pour l’art).

 

So schrieb schon G. E. Löhneysen (1552–1622): „Die maurischen Pferde sind fast klein, jedoch arbeitsam und dauerhaft, mögen viel leiden und sind gar köstlich gute Pferde. Vornehmlich sind sie beherzt und freudig und werden auch insbesondere gelobt, dass sie gar gelernig und dem Menschen treu seien.“

 

 

 

Antoine de Pluvinel de la Baume (1555 –1620), zu seiner Zeit einer der wichtigsten Lehrer der gewaltfreien Methode in der Reiterei, bildete maurische und spanische Hengste zum Krieg aus, um sie bei Paraden und in Turnieren glänzen zu lassen. Pluvinel war es auch, der dem französischen König Ludwig XIII.das Reiten beibrachte – auf einem braunen Berberhengst mit dem Namen „Le Bonite“.

 

In „L‘instruction du roy en l’exercice de monter à cheval“ aus dem Jahre 1629 schrieb er:

„Jedoch halte ich viel von den barbarischen Pferden für die Reitkunst, wegen ihrer eigenen Lust sich zu tummeln, und der großen Zuneigung und Fertigkeit zur Arbeit welche sie haben.

Zum Zeugnis Eurer Majestät, seht der braune Berberhengst, den der Herr Oberstallmeister Seiner Majestät überreichte,ein Musterbeispiel aller Reitkunstpferde. Aufgrund seiner Schönheit, seiner vollkommenen Manier, seiner Anmut, das terre à terre, die Courbetten mit solcher Perfektion und Gewandtheit zu zeigen, dass er nicht ohne Grund den Namen „Le Bonite“ trägt.“

 

 

 

Auch der große Reitmeister François Robichon de la Guérinière (1688-1751) hatte eine große Vorliebe für das Berberpferd: (aus „École de cavalerie“, 1733)

 

„Das Berberpferd hat minder Feuer als das Spanische und sein Gang ist nachlässiger. Doch aber findet man bei ihm sehr viel Nerviges (Sensibilität), viel Leichtigkeit und guten Atem, wenn man es zusammennimmt (versammelt). Schulen über der Erden gelingen ihm vollkommen gut und es hält lange auf der Reitbahn aus.“

 

 

 

Christoph Kolumbus und das Westernpferd

 

Mit der Entdeckung Amerikas gelangten spanische und maurische Pferde in die „Neue Welt“. Nur die Zähesten überstanden die lange und entbehrungsreiche Überfahrt – und wurden zu den Vorfahren der Appaloosas, Pasos, Mangalargas, Walker, Criollos, Quarter-Horses, Mustangs etc. Noch heute gibt es in Nordamerika ein Pferderegister mit „Spanish Barbs“, die auf ursprüngliche Conquistadorpferde zurückgehen sollen.

 

das berberpferd im 19. jahrhundert

Um 1830 besetzte die französische Armee Nordafrika und begann eine immense Rekrutierung an Kavalleriepferden. Der Bedarf an Pferden war derart groß, dass Generalleutnant Oudinot zahlreiche Deckstationen in Algerien (z.B. 1877 in Tiaret) einrichtete. In diesen Deckstationen wurden die ersten Zuchtaufzeichnungen über Berberpferde erstellt.

 

In Feldversuchen stellte sich schnell heraus, dass die Berberpferde damals für den Kavallerieeinsatz nur bedingt nutzbar waren: Ihre Personenbezogenheit und ihre begrenzte Trableistung veranlassten die französischen Militärs dazu, Anpaarungsversuche mit unterschiedlichen Rassen durchzuführen.

 

Die vielversprechendste Kreuzung war jene zwischen Berber- und Vollblutaraberpferd, das Araber-Berberpferd. Es waren sehr gute Pferde, die den kräftigen Körperbau, den Mut, die Nervenstärke und Robustheit des Berberpferdes mit der Schnelligkeit und der Ausdauer des Vollblutarabers in sich vereinten.

 

Von der nordafrikanischen Bevölkerung wurden auch schon früher Vollblutaraberpferde und Berberpferde gekreuzt, allerdings gibt es hierüber keine gesicherten Aufzeichnungen. Das Wissen über die Abstammung ihrer Pferde gaben sie mündlich weiter. Die französische Kolonialverwaltung in Algerien, Tunesien und Marokko gründete von 1886 bis 1914 die ersten Zuchtbücher, um die Abstammung der Berber- und Araber-Berberpferde in den Gestüten schriftlich zu dokumentieren.Die Reiterspahis aus Nordafrika, die ihren Dienst in der französischen Armee taten, mehrten ebenfalls den legendären Ruf des Berber- und Araber-Berberpferdes, sie zeigten ihre Fertigkeiten mit ihren Pferden auch bei großen Paraden in Europa. Auch in der deutschen Armee wurde die Ausdauer und Härte der Berber und Araber-Berberpferde sehr geschätzt, jede Warmblutzucht wurde darum seinerzeit von nordafrikanischen Beutepferden beeinflusst.

das berberpferd heute

Das Berberpferd in Reinzucht genießt in Nordafrika und in Europa nach wie vor ein sehr hohes Ansehen. Die Zucht und Erhaltung dieser alten Gründerrasse als wertvolles Kulturgut und Genreservoir ist heute in vielen Ländern ein starkes Anliegen.

 

1987 wurde darum die O.M.C.B. -Organisation Mondiale du Cheval Barbe, der Weltberberverband gegründet, um die Erhaltungszucht der Berberpferde über Ländergrenzen hinweg zu koordinieren. In den letzten Jahren sind in den Ursprungsländern gezielte Maßnahmen zum Schutz und der Erhaltung von Berberpferden eingeleitet worden. Es wird angestrebt

die Einkreuzung mit anderen Rassen zu vermeiden, so darf in Marokko eine Berberstute nur von einem Berberhengst belegt werden und es werden hohe Prämien an Züchter von Berberfohlen bezahlt.

 

Die Araber-Berberpferde sind eine eigenständige, anerkannte Pferderasse und heute die am meisten verbreitete Pferderasse in Nordafrika. Berber- und Araber-Berberpferde werden in den Ursprungsländern als Arbeitspferde vor dem Wagen oder Pflug und auch als Reitpferde zur Jagd, zur Fortbewegung in unwirtlichem Gelände, zur Tbourida („Fantasia“), als Reitschulpferde, für Distanzritte (eher mit Araber-Berberpferden) und zum Springen (mittlere Höhen) eingesetzt.